Grundelemente der Ausgabenentwicklung bei Arzneimitteln

Veröffentlicht am: 22.09.20

Langfristige Entwicklung (2009 bis 2019)

Im Vergleich zu den GKV-Leistungsbereichen Ärztliche Behandlung, Krankenhaus und Sonstiges (Heilmittel, Krankengeld, Krankenpflege u.a.) zeigt sich, dass Arzneimittel in den vergangenen zehn Jahren ein unterdurchschnittliches Wachstum aufwiesen. Ihre durchschnittliche jährliche Wachstumsrate war im Vergleich zu den anderen Leistungsbereichen am niedrigsten. Sie lag in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich bei 2,8 %. Die Einflüsse des Wachstums sind vielfältig. Im Jahr 2019 ist das Ausgabenwachstum primär durch einen stärkeren Verbrauchsanstieg von Arzneimitteln bedingt.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

In einer Zeitreihe von 2009 bis 2019 zeigt sich, dass der höchste Ausgabenposten der GKV analog zu den Jahren zuvor auch im Jahr 2019 durch die Krankenhausbehandlungen entstand. Mit 80.345 Mio. Euro hatten sie den größten absoluten Ausgabenanteil inne. Dies entspricht 34 Prozent der GKV-Gesamtausgaben. Mit Mehrausgaben in Höhe von 3.184 Mio. Euro im Jahr 2019 trug dieser Bereich am stärksten zum Ausgabenwachstum bei.

Die Arzneimittelausgaben erreichten im Jahr 2019 – bezogen auf die bisherige Kontierung der KJ 1 – einen Wert von 39.892 Mio. Euro (Informationen zur veränderten Datengrundlage und Kontierung). Die resultierende Zuwachsrate lag mit 3,2 Prozent über der des Vorjahres von 2,6 Prozent. Seit 2019 wird ein weiteres Konto (ambulant über Krankenhausapotheken abgegebene Arzneimittel) berücksichtigt und damit erstmals auch solche Ausgaben, die bisher über andere Konten erfasst wurden. Bezogen auf die neue Kontierung erreichten die Ausgaben 2019 daher eine Höhe von 41.044 Mio. Euro. Es ist davon auszugehen, dass in der KJ1-Statiskik die neue Kontenabgrenzung für die Darstellung der Arzneimittelausgaben beibehalten wird.

Das höchste relative Wachstum im Jahr 2019 (im Vergleich zwischen Ausgaben für Arzneimittel, ambulante ärztliche Behandlungen und Krankenhausbehandlungen insgesamt) zeigten - wie schon im Vorjahr 2018 - die Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung mit 4,2 Prozent.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.

Auch die indexbasierte Darstellung der Wachstumsraten einzelner GKV-Leistungsbereiche zeigt, dass sich der Arzneimittelsektor in der vergangenen Dekade unterdurchschnittlich entwickelt hat.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.

Die Einführung der seit 2011 geltenden Nutzenbewertung nach § 35a SGB V hat die Preisbildung bei Arzneimitteln grundlegend neu gestaltet. Entsprechend dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) müssen seitdem alle neu eingeführten Arzneimittel einer Zusatznutzenbewertung unterzogen werden. Im Rahmen dieses Prozesses werden Rabatte auf die Arzneimittel verhandelt, die mittlerweile dämpfend auf die Ausgabenentwicklung wirken. Das Ziel, dadurch jährlich zwei Mrd. Euro einzusparen, wurde erstmals 2018 erreicht. Nach Einschätzung des Arzneimittel-Atlas wurden durch die AMNOG-Verhandlungen 2019 bereits rund 3 Milliarden Euro für das GKV-System eingespart.

Entwicklung im Jahr 2019

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für ambulant abgegebene Arzneimittel wurden für das Jahr 2019 entsprechend der bisherigen Kontenabgrenzung (Statistik KJ 1 des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)) auf 39.892 Mio. Euro geschätzt. Die daraus abgeleitete Wachstumsrate liegt im Vergleich zum Vorjahr bei 3,2 Prozent. Nach der neuen Kontenabgrenzung nennt die KJ 1 Ausgaben in Höhe von 41.044 Mio. Euro. Der höhere Ausgabenwert begründet sich dadurch, dass die neue Kontierung seit 2019 erstmals offensichtlich auch Arzneimittelausgaben erfasst, die in den vorherigen nicht explizit als Ausgaben für Arzneimittel geführt wurden.

Bisherige Kontenabgrenzung*Neue Kontenabgrenzung **
Element der AusgabenentwicklungQuelle2017 (Mio. Euro)2018 (Mio. Euro)2019 (Mio. Euro)Differenz 2018 vs. 2019 (Mio. Euro)2019 Prozentuale Änderung gegenüber dem Vorjahr(%)2019 (Mio. Euro)
IGesamtsumme Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken nach AVP***IGES-Berechnung42.82044.15845.7741.6163,748.409
IIAbschläge auf diese Umsätze-9.071-9.617-10.169-5515,7-10.169
darunter 
IIaZuzahlungen von PatientenKJ 1-2.196-2.246-2.305-592,6-2.305
IIbArzneimittelrabatte von Herstellern (gesetzlich)KJ 1-1.667-1.689-1.770-814,8-1.770
IIcArzneimittelrabatte von Herstellern (individuell)KJ 1-4.033-4.503-4.965-46210,3-4.965
IIdArzneimittelrabatte von ApothekernKJ 1-1.175-1.180-1.12951-4,3-1.129
IIISonstiges****KJ 13.9544.1284.2871593,92.804
Ausgaben GKVKJ 137.70338.66939.8921.2243,241.044
* Neues Konto 04310 wurde nicht berücksichtigt. Das Konto 04360 wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018. ** Berücksichtigung des neuen Ausgabenkontos 04310 (Neue Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ1 des BMG seit 2019)*** Aus Apotheken, ohne Hilfsmittel, zu Apothekenverkaufspreisen**** Ausgaben für Arzneimittel außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, Digitalisierung der Verordnungsblätter, Arzneimittel von sonstigen Lieferanten und dem VersandhandelQuelle: KJ 1 (BMG), NVI (INSIGHT Health), IGES-Berechnungen

icon download

Die Umsätze der Apotheken mit Arznei- und Verbandmitteln zu Apothekenverkaufspreisen stiegen – berechnet aus der amtlichen Statistik des BMG – 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent bzw. 1.616 Mio. Euro.

Für die Umsätze der Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken waren die Steigerungen somit größer als die entsprechenden Ausgaben der GKV nach Abzug der Abschläge. Die Abschläge waren zudem erneut höher als im Vorjahr, sodass die Kassen zusätzlich 551 Mio. Euro an Einsparungen erzielen konnten.

Die Abschläge im Einzelnen:

  • Gesetzliche Rabatte: insgesamt 1.770 Mio. Euro, Zunahme um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
  • Individuelle Herstellerrabatte: insgesamt 4.965 Mio. Euro. Die Individualrabatte (größtenteils Rabattverträge nach § 130a Abs. 8) nahmen 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 10,3 Prozent zu.
  • Zuzahlungen von Patienten: insgesamt 2.305 Mio. Euro, ein Plus von 2,6 Prozent im Vergleich zu 2018.
  • Abschläge der Apotheken: insgesamt 1.129 Mio. Euro. Sie blieben nahezu unverändert, weil einerseits die Rabatthöhe seit Mitte 2015 gesetzlich festgesetzt ist (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) und andererseits die Anzahl der Verordnungen nur geringfügig angestiegen ist.