Grundelemente der Ausgabenentwicklung bei Arzneimitteln

Veröffentlicht am: 29.08.22

Langfristige Entwicklung (2011 bis 2021)

Im Vergleich zu den GKV-Leistungsbereichen ärztliche Behandlung, Krankenhaus und Sonstiges (Heilmittel, Krankengeld, Krankenpflege u.a.) zeigt sich, dass Arzneimittel in den vergangenen zehn Jahren eine durchschnittliche Wachstumsrate von 4,6 Prozent aufweisen. Da der GKV-Markt in den letzten beiden Jahren deutlich durch die Corona-Pandemie beeinflusst wurde, sind die Wachstumsraten wie auch die Ausgabenentwicklung der Leistungsbereiche durch Sondereffekte (u.a. Finanzhilfen in Form von Ausgleichszahlungen, Bevorratungseffekte, Mehrwertsteuersenkung, etc.) geprägt.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

In einer Zeitreihe von 2011 bis 2021 zeigt sich, dass der höchste Ausgabenposten der GKV analog zu den Jahren zuvor auch im Jahr 2021 durch die Krankenhausbehandlungen entstand. Mit 85.351 Mio. Euro hatten sie den größten absoluten Ausgabenanteil inne. Dies entspricht 32 Prozent der GKV-Gesamtausgaben. Mit Mehrausgaben in Höhe von 4.278 Mio. Euro im Jahr 2021 trug der Bereich der Krankenhausbehandlungen auch am stärksten zum absoluten Ausgabenwachstum bei.

Die Arzneimittelausgaben erreichten im Jahr 2021 – bezogen auf die neue Kontierung der KJ 1 – einen Wert von 46.620 Mio. Euro. Die resultierende Zuwachsrate lag mit 7,7 Prozent über der des Vorjahres von 5,6 Prozent.

Seit 2019 wird ein weiteres Konto (ambulant über Krankenhausapotheken abgegebene Arzneimittel) berücksichtigt und damit erstmals auch solche Ausgaben, die bisher über andere Konten erfasst wurden. Bezogen auf die bisherige Kontierung erreichten die Ausgaben 2021 eine Höhe von 45.557 Mio. Euro, was einem Ausgabenzuwachs von 8,1 Prozent entsprach.

Bedingt durch die bereits genannten Sondereffekte (neue Abgaberegelung Hämophilieprodukte, erweiterte Austauschmöglichkeit bei Arzneimittelverordnungen und die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer) hatte der Leistungsbereich der Arzneimittel somit das höchste relative Wachstum im Jahr 2021 (im Vergleich zwischen Ausgaben für Arzneimittel, ambulante ärztliche Behandlungen und Krankenhausbehandlungen insgesamt). Im Vorjahr waren die Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung am stärksten angestiegen.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.

Auch die indexbasierte Darstellung der Wachstumsraten einzelner GKV-Leistungsbereiche zeigt, dass sich der Arzneimittelsektor in der vergangenen Dekade durchschnittlich entwickelt hat.

IGES-Berechnungen nach KJ 1 (BMG)

* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.

Die Einflüsse des Wachstums bei den Arzneimittelausgaben sind vielfältig. Im Jahr 2021 ist dieses primär durch die Verbrauchskomponente und die bereits oben beschriebenen Sondereffekte bedingt.

Entsprechend dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) müssen seit 2011 alle neu eingeführten Arzneimittel einer Zusatznutzenbewertung unterzogen werden. Im Rahmen dieses Prozesses werden Rabatte auf die Arzneimittel verhandelt, die mittlerweile dämpfend auf die Ausgabenentwicklung wirken. Das Ziel, dadurch jährlich zwei Mrd. Euro einzusparen, wurde erstmals 2018 erreicht.

Nach Einschätzung des Arzneimittel-Atlas wurden durch die AMNOG-Verhandlungen 2021 bereits rund 5,9 Milliarden Euro für das GKV-System eingespart. Für das Jahr 2022 wird ein Einsparvolumen von 8,4 Milliarden Euro erwartet.

Für die Krankenhausbehandlungen zeigt sich in der indexierten Darstellung ein deutlich abgeschwächtes Ausgabenwachstum zwischen 2019 und 2020, welches auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Im Jahr 2020 erhielten die Krankenhäuser ca. 9,4 Mrd. Euro aus Steuermitteln für die freigehaltenen Betten sowie ca. 700 Mio. Euro aus dem Gesundheitsfond für die Erhöhung der Intensivbettenkapazitäten.

Entwicklung im Jahr 2021

Die Ausgaben der GKV für ambulant abgegebene Arzneimittel lagen im Jahr 2021 nach der amtlichen Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit bei 46.620 Mio. Euro (KJ 1-Statistik). Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Wachstumsrate von 7,7 Prozent.

Für die Umsätze der Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken waren die Abschläge erneut höher als im Vorjahr, sodass die Kassen zusätzlich 85 Mio. Euro an Einsparungen erzielen konnten.

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Die Abschläge im Einzelnen für das Jahr 2021:

  • Gesetzliche Rabatte: insgesamt 1.899 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr haben die gesetzlichen Rabatte somit 3,0 Prozent zugenommen und sind unter dem Wachstum des Vorjahresniveaus zurückgeblieben.
  • Individuelle Herstellerrabatte: insgesamt 5.113 Mio. Euro. Die Individualrabatte (größtenteils Rabattverträge nach § 130a Abs. 8) nahmen 2021 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 2,3 Prozent zu. Die Individualrabatte sind deutlich hinter ihrem üblichen Volumen zurückgeblieben. Hintergrund ist die erweiterte Austauschmöglichkeit bei Arzneiverordnungen. Dadurch wurden die üblich ausgabendämpfenden Effekte durch Individualrabatte der pharmazeutischen Industrie nahezu ausgebremst. Diese erweiterten Austauschmöglichkeiten, die im Rahmen der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung beschlossen wurde, endeten mit der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite am 25.11.2021.
  • Zuzahlungen von Patienten: insgesamt 2.290 Mio. Euro, ein Minus von 0,2 Prozent im Vergleich zu 2020.
  • Abschläge der Apotheken: insgesamt 1.122 Mio. Euro. Sie blieben nahezu unverändert, weil einerseits die Rabatthöhe seit Mitte 2015 gesetzlich festgesetzt ist (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) und andererseits die Anzahl der Verordnungen nur geringfügig angestiegen ist.
Neue Kontenabgrenzung*Alte Kontenabgrenzung**
Element der AusgabenentwicklungQuelle2019 (Mio. Euro)2020 (Mio. Euro)2021 (Mio. Euro)Differenz 2020 vs. 2021 (Mio. Euro)2021 Prozentuale Änderung gegenüber dem Vorjahr(%)2019 (Mio. Euro)2020 (Mio. Euro)2021 (Mio. Euro)Differenz 2020 vs. 2021 (Mio. Euro)2021 Prozentuale Änderung gegenüber dem Vorjahr(%)
IGesamtsumme Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken nach AVP***IGES-Berechnung48.40950.69354.7304.0378,045.77447.92351.6693.7467,8
IIAbschläge auf diese Umsätze-10.169-10.254-10.423-1691,7-10.169-10.254-10.423-1691,7
darunter 
IIaZuzahlungen von PatientenKJ 1-2.305-2.296-2.2906-0,2-2.305-2.296-2.2906-0,2
IIbArzneimittelrabatte von Herstellern (gesetzlich und individuell)KJ 1-6.735-6.839-7.012-1722,5-6.735-6.839-7.012-1722,5
IIcArzneimittelrabatte von ApothekernKJ 1-1.129-1.119-1.122-30,2-1.129-1.119-1.122-30,2
IIISonstiges****KJ 12.8042.8562.314-541-19,04.2874.4604.311-149-3,3
Ausgaben GKVKJ 141.04443.29446.6203.3267,739.89242.12945.5573.4288,1
* Berücksichtigung des neuen Ausgabenkontos 04310 (Neue Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ1 des BMG)** Neues Konto 04310 wurde nicht berücksichtigt. Das Konto 04360 wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018. *** Aus Apotheken, ohne Hilfsmittel, zu Apothekenverkaufspreisen**** Ausgaben für Arzneimittel außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, Digitalisierung der Verordnungsblätter, Arzneimittel von sonstigen Lieferanten und dem VersandhandelQuelle: KJ 1 (BMG), NVI (INSIGHT Health), IGES-Berechnungen

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