Veröffentlicht am: 18.10.21
Im Vergleich zu den GKV-Leistungsbereichen Ärztliche Behandlung, Krankenhaus und Sonstiges (Heilmittel, Krankengeld, Krankenpflege u.a.) zeigt sich, dass Arzneimittel in den vergangenen zehn Jahren eine unterdurchschnittliche Wachstumsrate von 3,3 Prozent aufwiesen. Lediglich der Leistungsbereich der Krankenhausbehandlungen lag auf einem vergleichbaren Niveau, was auf den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Ausgabenentwicklung im Jahr 2020 zurückzuführen ist.
In einer Zeitreihe von 2010 bis 2020 zeigt sich, dass der höchste Ausgabenposten der GKV analog zu den Jahren zuvor auch im Jahr 2020 durch die Krankenhausbehandlungen entstand. Mit 81.073 Mio. Euro hatten sie den größten absoluten Ausgabenanteil inne. Dies entspricht 33 Prozent der GKV-Gesamtausgaben. Mit Mehrausgaben in Höhe von 2.694 Mio. Euro im Jahr 2020 trug der Bereich der Ärztlichen Behandlungen stärksten zum Ausgabenwachstum bei.
Die Arzneimittelausgaben erreichten im Jahr 2020 – bezogen auf die bisherige Kontierung der KJ 1 – einen Wert von 42.129 Mio. Euro. Die resultierende Zuwachsrate lag mit 5,6 Prozent über der des Vorjahres von 3,2 Prozent. Seit 2019 wird ein weiteres Konto (ambulant über Krankenhausapotheken abgegebene Arzneimittel) berücksichtigt und damit erstmals auch solche Ausgaben, die bisher über andere Konten erfasst wurden. Bezogen auf die neue Kontierung erreichten die Ausgaben 2020 daher eine Höhe von 43.294 Mio. Euro
Das höchste relative Wachstum im Jahr 2020 (im Vergleich zwischen Ausgaben für Arzneimittel, ambulante ärztliche Behandlungen und Krankenhausbehandlungen insgesamt) zeigten - wie schon im Vorjahr 2019 - die Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung mit 6,6 Prozent.
* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.
Auch die indexbasierte Darstellung der Wachstumsraten einzelner GKV-Leistungsbereiche zeigt, dass sich der Arzneimittelsektor in der vergangenen Dekade unterdurchschnittlich entwickelt hat.
* Neues Ausgabenkonto 04310 (entspr. neuer Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ 1 des BMG) wurde nicht berücksichtigt. Konto 04360 (enthielt bis Ende 2018 teilweise Ausgaben, die seit 2019 durch das Konto 04310 erfasst werden) wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018.
Die Einflüsse des Wachstums bei den Arzneimittelausgaben sind vielfältig. Im Jahr 2020 ist dieses primär durch einen stärkeren Verbrauchsanstieg von Arzneimitteln bedingt.
Die Einführung der seit 2011 geltenden Nutzenbewertung nach § 35a SGB V hat die Preisbildung bei Arzneimitteln grundlegend neu gestaltet. Entsprechend dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) müssen seitdem alle neu eingeführten Arzneimittel einer Zusatznutzenbewertung unterzogen werden. Im Rahmen dieses Prozesses werden Rabatte auf die Arzneimittel verhandelt, die mittlerweile dämpfend auf die Ausgabenentwicklung wirken. Das Ziel, dadurch jährlich zwei Mrd. Euro einzusparen, wurde erstmals 2018 erreicht.
Nach Einschätzung des Arzneimittel-Atlas wurden durch die AMNOG-Verhandlungen 2020 bereits rund 4,4 Milliarden Euro für das GKV-System eingespart. Für das Jahr 2021 wird ein Einsparvolumen von 6,0 Milliarden Euro prognostiziert.
Für die Krankenhausbehandlungen zeigt sich in der indexierten Darstellung ein deutlich abgeschwächtes Ausgabenwachstum zwischen 2019 und 2020, welches auf den Einfluss der Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Im Jahr 2020 erhielten die Krankenhäuser ca. 9,4 Mrd. Euro aus Steuermitteln für die freigehaltenen Betten sowie ca. 700 Mio. Euro aus dem Gesundheitsfond für die Erhöhung der Intensivbettenkapazitäten.
Die Ausgaben der GKV für ambulant abgegebene Arzneimittel beliefen sich im Jahr 2020 nach der amtlichen Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit auf 43.294 Mio. Euro (KJ 1-Statistik ). Die Wachstumsrate lag im Vergleich zum Vorjahr bei 5,5 Prozent.
Für die Umsätze der Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken waren die Abschläge erneut höher als im Vorjahr, sodass die Kassen zusätzlich 85 Mio. Euro an Einsparungen erzielen konnten.
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Die Abschläge im Einzelnen:
Neue Kontenabgrenzung* | Alte Kontenabgrenzung** | ||||||||||
Element der Ausgabenentwicklung | Quelle | 2018 | 2019 | 2020 | Differenz 2019 vs. 2020 | 2020 Prozentuale Änderung gegenüber dem Vorjahr | 2019 | 2020 | Differenz 2019 vs. 2020 | 2020 Prozentuale Änderung gegenüber dem Vorjahr | |
(Mio. Euro) | (Mio. Euro) | (Mio. Euro) | (Mio. Euro) | (%) | (Mio. Euro) | (Mio. Euro) | (Mio. Euro) | (%) | |||
I | Gesamtsumme Arznei- und Verbandmittel aus Apotheken nach AVP *** | IGES-Berechnung | 48.286 | 51.212 | 53.548 | 2.336 | 4,6 | 50.061 | 52.383 | 2.322 | 4,6 |
darin enthalten: | |||||||||||
Sonstiges **** | KJ 1 | 4.128 | 2.804 | 2.856 | 52 | 1,8 | 4.287 | 4.460 | 173 | 4,0 | |
II | Abschläge auf diese Umsätze insgesamt | IGES-Berechnung | -9.617 | -10.169 | -10.254 | -85 | 0,8 | -10.169 | -10.254 | -85 | 0,8 |
darunter: | |||||||||||
IIa | Zuzahlungen von Patienten | KJ 1 | -2.246 | -2.305 | -2.296 | 9 | -0,4 | -2.305 | -2.296 | 9 | -0,4 |
IIb | Arzneimittelrabatte von Herstellern (gesetzlich und individuell) | KJ 1 | -6.192 | -6.735 | -6.839 | -105 | 1,6 | -6.735 | -6.839 | -105 | 1,6 |
IIc | Arzneimittelrabatte von Apothekern | KJ 1 | -1.180 | -1.129 | -1.119 | 10 | -0,9 | -1.129 | -1.119 | 10 | -0,9 |
Ausgaben GKV | KJ 1 | 38.669 | 41.044 | 43.294 | 2.250 | 5,5 | 39.892 | 42.129 | 2.237 | 5,6 | |
* Berücksichtigung des neuen Ausgabenkontos 04310 (Neue Abgrenzung nach Ausgabenstatistik KJ1 des BMG) | |||||||||||
** Neues Konto 04310 wurde nicht berücksichtigt. Das Konto 04360 wurde auf Grundlage der bisherigen Steigerungsraten fortgeschrieben. Kontenabgrenzung somit wie 2018. | |||||||||||
*** Aus Apotheken, ohne Hilfsmittel, zu Apothekenverkaufspreisen | |||||||||||
**** Ausgaben für Arzneimittel außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, Digitalisierung der Verordnungsblätter, Arzneimittel von sonstigen Lieferanten und dem Versandhandel | |||||||||||
Quelle: KJ 1 (BMG), NVI (INSIGHT Health), IGES-Berechnungen |