Verbrauch von Antibiotika J01 Antibiotika zur systemischen Anwendung

Veröffentlicht am: 11.01.24

Quelle: IGES-Berechnungen nach NVI (Insight Health), ab 2011 inkl. Zubereitungen

Im Jahr 2022 wurden jedem Versicherten der GKV durchschnittlich 3,6 DDD an Antibiotika verordnet. Diese Arzneimittelgruppe wird daher den selten angewendeten Arzneimitteln zugerechnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch gestiegen: 2021 lag er noch bei 2,9 DDD.

Die Indikationsgruppe der Antibiotika zur systemischen Anwendung wird nur bei Bedarf, also bei Auftreten von bakteriellen Infektionen, für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt. Abgesehen von jährlichen Schwankungen verlief die Verbrauchsentwicklung bis 2013 weitgehend stabil und lag im Mittel bei jährlich 350 Mio. DDD. 2013 wurde mit rund 376 Mio. DDD der höchste Verbrauch im betrachteten Zeitraum beobachtet. Seitdem geht der jährliche Verbrauch kontinuierlich zurück. Bereits ab 2017 hat sich die rückläufige Entwicklung beschleunigt und war 2020 mit einem Rückgang von 24,1 % besonders ausgeprägt. Der Verbrauch ging 2021 um 10 % zurück und erreichte 211,1 Mio. DDD, mehr als 40 % weniger als 1996. 2022 stieg er wieder und erreichte einen Wert von 261,8 Mio. DDD, was einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 24 % entspricht. Grund ist der erhöhte Bedarf durch die sehr ausgeprägte Infektionswelle im Herbst/Winter 2022.

Ambulant werden Antibiotika am häufigsten bei Infektionen der Atemwege sowie der Harnwege eingesetzt. Bei der Häufigkeit von Atemwegsinfektionen ist die Stärke der jährlichen Influenzaaktivität von Bedeutung. Häufig korrelierte daher in der Vergangenheit der Antibiotikaverbrauch mit der Influenzaaktivität. Bedingt durch die zunehmende Resistenzentwicklung hat sich der Blick auf die Antibiotikaanwendung gewandelt: Es gilt, Antibiotika rational und in jedem Falle leitliniengerecht einzusetzen. D. h., es kann in vielen Fällen auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden (siehe z. B. KV Baden-Württemberg 2015). Für die zunehmend erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie spricht der kontinuierliche Verbrauchsrückgang seit 2014. 2020 und 2021 wird der Effekt durch die Corona-Pandemie verstärkt: Die Vorsichtsmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen führten dazu, dass Infektionen der oberen Atemwege im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zurückgingen (siehe z. B. RKI 2021), sodass seltener die Notwendigkeit bestand, Antibiotika zu verabreichen. Entsprechend nahm 2022 der Verbrauch wieder zu, nachdem die Beschränkungen nach und nach wieder aufgehoben wurden.

Der Therapieansatz der Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum hatte 2022 mit 24 % den höchsten Anteil am Verbrauch, gefolgt von den Cephalosporinen der 2. Generation und Tetrazyklinen mit 16 bzw. 13 % % sowie den Kombinationen aus Penicillinen und Betalaktamase-Hemmern mit 11 %. Die höchsten Verbrauchssteigerungen waren 2022 für die Makrolide mit 52 % im Vergleich zum Vorjahr und die Beta-Laktamase-sensitiven Penicilline sowie Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum mit 42 bzw. 38 % zu beobachten. Diese Veränderungen können dadurch bedingt sein, dass sich das Erregerspektrum im Vergleich zum Vorjahr verändert hat. Von größerer Bedeutung dürfte jedoch die Verfügbarkeit der jeweiligen Antibiotika gewesen sein, da diese regelmäßig von Lieferschwierigkeiten betroffen sind (Shafiq et al. 2021).

Literatur

  • KV Baden-Württemberg (2015) Antibiotikatherapie in der Praxis. Verordnungsforum 36.
  • RKI (2021) Grippeweb. https://grippeweb.rki.de/ (abgerufen am 31.08.2023)
  • Shafiq N, Pandey AK, Malhotra S, Holmes A, Mendelson M, Malpani R, Balasegaram M, Charani E. (2021) Shortage of essential antimicrobials: a major challenge to global health security. BMJ Glob Health. 11:e006961. doi: 10.1136/bmjgh-2021-006961. (abgerufenam 18.01.2023).