Veröffentlicht am: 01.11.21
Im Jahr 2020 wurden jedem Versicherten der GKV durchschnittlich 3,2 DDD an Antibiotika verordnet. Diese Arzneimittelgruppe wird daher den häufig angewendeten Arzneimitteln zugerechnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch deutlich gesunken: 2019 lag er noch bei 4,1 DDD.
Die Indikationsgruppe der Antibiotika zur systemischen Anwendung wird nur bei Bedarf, also bei Auftreten von bakteriellen Infektionen, für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt. Abgesehen von jährlichen Schwankungen verlief die Verbrauchsentwicklung bis 2013 weitgehend stabil und lag im Mittel bei jährlich 350 Mio. DDD. 2013 wurde mit rund 376 Mio. DDD der höchste Verbrauch im betrachteten Zeitraum beobachtet. Seitdem geht der jährliche Verbrauch kontinuierlich zurück. Bereits ab 2017 hat sich die rückläufige Entwicklung beschleunigt und war 2020 mit einem Rückgang von 24,1 % besonders ausgeprägt. Der Verbrauch erreichte 235,6 DDD, fast ein Drittel weniger als 1996.
Ambulant werden Antibiotika am häufigsten bei Infektionen der Atemwege sowie der Harnwege eingesetzt. Bei der Häufigkeit von Atemwegsinfektionen ist die Stärke der jährlichen Influenzaaktivität von Bedeutung. Häufig korrelierte daher in der Vergangenheit der Antibiotikaverbrauch mit der Influenzaaktivität. Bedingt durch die zunehmende Resistenzentwicklung hat sich der Blick auf die Antibiotikaanwendung gewandelt: Es gilt, Antibiotika rational und in jedem Falle leitliniengerecht einzusetzen. D. h., es kann in vielen Fällen auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden (siehe z. B. KV Baden-Württemberg 2015). Für die zunehmend erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie spricht der kontinuierliche Verbrauchsrückgang seit 2014. 2020 wird der Effekt durch die Corona-Pandemie verstärkt: Die Vorsichtsmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen führten dazu, dass Infektionen der oberen Atemwege im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zurückgingen (siehe z. B. RKI 2021), sodass einerseits seltener die Notwendigkeit bestand, Antibiotika zu verabreichen. Ein weiterer Grund könnte gewesen sein, dass Patienten weniger häufig ihren Arzt oder ihre Ärztin persönlich aufsuchten und es weniger Verordnungsgelegenheiten gab.
Der Therapieansatz der Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum hatte 2020 mit 20 % den höchsten Anteil am Verbrauch, gefolgt von den Cephalosporinen der 2. Generation und Tetrazyklinen mit jeweils 16 %, den Makroliden sowie den Kombinationen aus Penicillinen und Betalaktamase-Hemmern mit je 9 %. Die höchsten Verbrauchsrückgänge waren 2020 für die Makrolide mit 37 % im Vergleich zum Vorjahr, die Cephalosporine der 2. Generation (32 %) sowie die Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum (25 %) zu beobachten. Weniger betroffen waren die Penicillin-Betalaktamase-Hemmer-Kombinationen mit einem Rückgang von nur 6 %. Bei den Tetrazyklinen war der Rückgang mit 8 % ähnlich stark ausgeprägt wie bereits in den Vorjahren.