Veröffentlicht am: 01.12.21
Fokus der folgenden Darstellung sind die befristeten Beschlüsse, die zum Tragen kommen, wenn die Evidenz zum Zeitpunkt der Zusatznutzenbewertung noch unsicher ist. Entsprechend dem 5. Kapitel § 1 Abs. 2 Nr. 6 der VerfO des G-BA findet nach Ablauf der Befristung eine erneute Nutzenbewertung statt. Zu einer Befristung kommt es in der Regel dann, wenn unklar ist, ob der aus den vorgelegten Unterlagen abgeleitete Zusatznutzen sich bei längerer Nachbeobachtung bestätigt oder noch relevante Ergebnisse aus Studien ausstehen.
Unter den bisherigen 664 Verfahren, die bis zum 31. Dezember 2021 mit einem Beschluss zum Zusatznutzen abgeschlossen wurden, gab es insgesamt 113 ursprünglich befristete Beschlüsse. In fast zwei Drittel der Fälle (63 %), also bei 71 von 113 befristeten Beschlüssen, handelt es sich um Arzneimittel gegen Krebserkrankungen (inkl. Orphan Drugs). An zweiter Stelle folgen mit 12 % (13 von 113 Verfahren) Arzneimittel gegen Stoffwechselkrankheiten. Wie aus Abbildung 5.5 ersichtlich ist, bewegte sich in den Jahren 2012–2021 der Anteil befristeter Beschlüsse zwischen 9 % und 27 %, wobei der niedrigste Anteil befristeter Beschlüsse im Jahr 2021 zu beobachten war, der höchste im Jahr 2017. Insgesamt lässt der Anteil befristeter Beschlüsse im Zeitverlauf keinen bestimmten Trend erkennen. Im Gesamtzeitraum lag der Anteil befristeter Beschlüsse bei rund 16 %.
Die Befristung der Beschlüsse variierte insgesamt zwischen einem halben und 8 Jahren. Die mittlere Dauer der Befristung lag bei 2,7 Jahren, der Median bei 2,8 Jahren. Am längsten befristet wurde bisher der Beschluss für den Wirkstoff Vandetanib, ein Mittel gegen eine Form des Schilddrüsenkrebses. Der ursprüngliche Beschluss wurde vom G-BA ursprünglich auf 3 Jahre befristet, doch wurde diese Frist inzwischen zweimal verlängert, zuletzt im Oktober 2020 mit der Begründung, dass sich wegen der pandemischen Situation die Erhebung der finalen Studiendaten durch den pharmazeutischen Unternehmer verzögert. Von den 98 ursprünglich befristeten Beschlüssen wurden mittlerweile 17 entfristet. Fünf Wirkstoffe mit befristetem Beschluss sind mittlerweile nicht mehr zugelassen (Alipogen-Tiparvovec, Ingenolmebutat, Olaratumab, Sipuleucel-T, allogene, genetisch modifizierte T-Zellen).
Für 76 Verfahren mit Befristung wurde bis Ende 2021 ein weiteres Nutzenbewertungsverfahren wegen Ablauf der Befristung durchgeführt und abgeschlossen. Neben dem Ablauf einer Befristung sind erneute Verfahren wegen neuer Evidenz auf Antrag des Herstellers oder des G-BA möglich. Die Ergebnisse dieser Neubewertungen im Vergleich zum jeweiligen Vorläuferverfahren sind in der unteren Abbildung zusammengefasst. Dabei sind die Unterschiede im Vergleich zur ursprünglichen Bewertung jeweils in Bezug auf die „beste“ Patientengruppe dargestellt.
Bei den 52 Verfahren wegen Fristablauf wurde vom G-BA der Zusatznutzen für 16 Patientenpopulationen (21 %) höher eingestuft, für 33 (45 %) Populationen blieb der G-BA bei seiner Einschätzung aus dem Initialverfahren. Für ein Drittel der Populationen, nämlich 25, (33 %) bewertete der G-BA den Zusatznutzen im Rahmen der Neubewertung wegen Fristablauf schlechter als zuvor.
Von den 17 Neubewertungen, die auf Antrag des Herstellers durchgeführt wurden, wurde für 10 (40 %) der 25 Populationen ein höherer Zusatznutzen belegt.
Die sieben vom G-BA wegen neuer Evidenz begonnenen Verfahren führten bei acht Populationen zum gleichen Ergebnis, für zwei weitere Population war der Zusatznutzen geringer.