Übersicht zu Verfahrensstand und aktuellen Nutzenbewertungen nach dem AMNOG

Veröffentlicht am: 01.11.22

Seit Einführung des AMNOG wurden 701 Verfahren für 352 Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen eingeleitet, die bis zum Stichtag am 31. Dezember 2021 entweder abgeschlossen, ein- oder freigestellt bzw. ausgesetzt wurden. Einen Überblick zum Anlass der Verfahren gibt die untere Tabelle. Insgesamt handelt es sich um 370 Erstbewertungen, wobei mit 359 der häufigste Anlass die Neueinführung eines Produktes ist. Dabei wird in den meisten Fällen ein neuer Wirkstoff eingeführt. In einigen Fällen handelt es sich jedoch auch um einen bereits bekannten Wirkstoff, bei dem wegen einer neuen Zulassung wieder Unterlagenschutz besteht.

Zu den Erstbewertungen gehören außerdem zehn Verfahren des sogenannten Bestandsmarkts, d.h. von Produkten, die bereits vor 2011 verfügbar waren, wie die Antidiabetika Saxagliptin und Vildagliptin. Seit 2020 kamen weitere Verfahren für Produkte mit erstmaliger Dossierpflicht dazu. Es handelt sich um das Antibiotikum Ceftolozan/ Tazobactam, für welches das gesonderte Verfahren für Reserveantibiotika durchgeführt wurde. In diesen Fällen gilt der Zusatznutzen aufgrund des Status als Reserveantibiotikums als belegt. Im Jahr 2021 wurde ein Produkt mit bereits verfügbaren Wirkstoffen bewertet, für das aufgrund einer Zulassungserweiterung ein neuer Unterlagenschutz erteilt war.

Übersicht zu den Nutzenbewertungsverfahren in den Jahren 2012–2021 entsprechend dem Anlass des Verfahrens.
Anlass des VerfahrensAnzahl der Verfahren 1
2011 bis 2012201320142015201620172018201920202021Gesamt (seit 2011)
Erstbewertung wegen Launch32253238372640412959359
Erstbewertung aus anderen Gründen0644115
Neubewertung wegen Zulassungserweiterung (§ 1)25612201922353960218
Erneute Neubewertung nach Fristablauf (§ 1)2 1410544121252
Erneute Nutzenbewertung nach Antrag des G-BA wegen neuer Evidenz (§ 13)214117
Erneute Nutzenbewertung nach Antrag des pharmazeutischen Unternehmers (§ 14) 231121540219
Erneute Nutzenbewertung wegen Überschreiten der Umsatzgrenze von 50 Mio. Euro (§ 12)2 1212112928
Erneute Nutzenbewertung wegen Aufhebung des Orphan-Drug-Status (§ 1)211316
Erneute Nutzenbewertung wegen Überschreiten der Umsatzgrenze von 1 Mio. Euro (§ 15)211
Prüfung Status Reserveantibiotikum (§ 12a)11
Abgeschlossene Verfahren insgesamt (inkl. freigestellte und eingestellte Verfahren)323945547252729398144701
1) Das Verfahren zu Olmesartanmedoxomil/Amlodipin/Hydrochlorothiazid mit dem Hinweis „Kein Status“ wurde nicht berücksichtigt. 2) Die genannten Paragraphen beziehen sich auf das 5. Kapitel der Verfahrensordnung des G-BA.3) Die Anzahl der Verfahren ist geringer als die Summe der Verfahrensanlässe, da bei einigen Verfahren mehr als ein Verfahrensanlass vorlag.

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Bis Ende 2021 wurden insgesamt 333 Verfahren aufgrund einer Neubewertung abgeschlossen, wobei der häufigste Grund (218 Fälle) für die Neubewertung eine Zulassungserweiterung war, gefolgt von 52 Neubewertungen wegen Fristablaufs der ursprünglichen Bewertung.

Einen Überblick zu ausgewählten Besonderheiten der bis 2021 abgeschlossenen Verfahren gibt die untere Tabelle. Von den 701 Verfahren wurden 674 regulär mit einem Beschluss zum Zusatznutzen abgeschlossen, das heißt, dass 25 Verfahren ohne einen Beschluss zum Zusatznutzen blieben.

Übersicht zu den Nutzenbewertungsverfahren in den Jahren 2011–2021 unter Berücksichtigung besonderer Verfahrensmerkmale.
KategorieAnzahl Verfahren *
201 bis 12201320142015201620172018201920202021Gesamt(seit 2011)
Verfahren insgesamt323945547252729398144701
davon regulär abgeschlossen293539537248729192143674
davon Einstellung des Verfahrens025101024116
davon Freistellung wegen Geringfügigkeit321003001010
davon Aussetzung00000000101
davon als Orphan-Drug-Verfahren36914151516221829147
davon Verfahren mit Eingruppierung in das Festbetragssystem20200010117
davon Verfahren mit ursprünglicher Befristung6108713148211313113
davon Befristung aufgehoben123141130218
* Ein Verfahren mit dem Hinweis „Kein Status“ wurde nicht berücksichtigt.

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  • Freistellung: Zehn Produkte wurden wegen Geringfügigkeit von der Nutzenbewertung freigestellt. Für sie wurden nur geringfügige GKV-Arzneimittelausgaben erwartet, da sie ambulant. nur sehr selten eingesetzt werden, bspw. solche Wirkstoffe, die überwiegend stationär eingesetzt werden. Mit dem Beschluss des G-BA vom 16. März 2018 gilt, dass eine Freistellung nicht mehr allein damit begründet werden kann, dass ein Arzneimittel ausschließlich stationär eingesetzt wird. Somit unterliegen auch ausschließlich stationär eingesetzte Arzneimittel seitdem der Dossierpflicht. Eine Freistellung von der Dossierpflicht ist nur noch unter zwei Bedingungen möglich:
    1. wenn die jährlichen Ausgaben für die Krankenkassen ambulant und stationär ein Volumen von 1 Mio. Euro nicht überschreiten,
    2. wenn das zu bewertende Arzneimittel als Reserveantibiotikum anzusehen ist. Wenn die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird oder der Status als Reserveantibiotikum nicht mehr gilt, wird ein reguläres Verfahren zur Nutzenbewertung durchgeführt. Dies war 2019 für das Tuberkulosemittel Bedaquilin der Fall, bei dem 2018 festgestellt wurde, dass die Ausgaben innerhalb eines Jahres die Grenze von 1 Mio. Euro überschritten haben.
  • Einstellung: Insgesamt 15 Verfahren wurden bislang eingestellt. Dazu gehören fünf Verfahren aus dem Bestandsmarkt vor 2011. Vier dieser Verfahren wurden eingestellt, weil 2014 rückwirkend der Bestandsmarktaufruf aufgehoben wurde (14. SGB-V-Änderungsgesetz). Alle weiteren Verfahrenseinstellungen betrafen nicht zum Bestandsmarkt zählende Wirkstoffe. Die Gründe waren für die Einstellung waren unterschiedlich: Zusammenlegung mehrerer Verfahren zu einem Produkt, keine Verfügbarkeit erstattungsfähiger Packungen möglicher Status als Reseveantibiotikum
  • Aussetzung: Bisher kam es einmal zu einer Aussetzung für den Wirkstoff Onasemnogen-Abeparvovec bei Überschreitung der Umsatzgrenze von 50 Mio. Euro. Mittlerweile wurde die Aussetzung wieder aufgehoben.

Von den insgesamt 701 Verfahren wurden 147 als Orphan-Drug-Verfahren durchgeführt. Diese Verfahren betreffen alle als Neueinführungen, denen ein Orphan-Drug-Status zuerkannt ist und bislang Neubewertungen von Orphan Drugs, für die die Ausgaben der Krankenkassen nicht höher als 50 Mio. Euro sind. Mit Beschluss des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes am 20. Oktober 2022 wird die Umsatzschwelle für Orphan Drugs auf 30 Mio. Euro gesenkt.

In 113 Verfahren wurde der Beschluss zunächst befristet. Für 18 der zunächst befristeten Beschlüsse wurde die Befristung mittlerweile aufgehoben. Gründe für die Aufhebung der Befristung waren bspw., dass

  • eine erneute Bewertung als nicht mehr notwendig erachtet wurde (Sofosbuvir),
  • der Orphan-Drug-Status aufgehoben wurde und damit die Grundlage für die Befristung entfällt (Olaparib),
  • dem pharmazeutischem Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden sollte in einer erneuten Nutzenbewertung zusätzliche Evidenz aus weiteren Studien zu berücksichtigen (Tiotropium/Olodaterol),
  • der pharmazeutische Unternehmer auf die Möglichkeit der Neubewertung verzichtete (Cabozantinib) oder e) die Zulassung widerrufen wurde und es damit keine Grundlage für eine Nutzenbewertung mehr gab (Ingenolmebutat).