Verbrauch L04 Immunsuppressiva

Veröffentlicht am: 12.01.24

Quelle: IGES-Berechnungen nach NVI (Insight Health), ab 2011 inkl. Zubereitungen
ArzneimittelgruppeVerbrauch in Mio. DDD
20122013201420152016201720182019202020212022
RA und andere Systemerkrankungen41,846,251,355,961,466,373,080,186,196,0105,1
Unspezifische Immunsuppression67,168,669,468,569,368,366,865,964,863,662,6
Psoriasis1,01,52,33,67,212,717,924,232,139,847,4
Multiple Sklerose3,04,09,612,714,016,017,920,021,423,626,9
Transplantation21,822,523,023,223,623,824,224,725,725,626,4
Entzündliche Darmerkrankungen0,00,00,20,91,82,23,03,85,47,18,0
Übrige Teil-Indikationsgruppen1,11,31,62,02,32,73,43,94,44,85,3
Immunsuppressiva gesamt135,8144,1157,4166,8179,6191,8206,2222,5240,0260,5281,6

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Der Verbrauch von Immunsuppressiva erreichte 2021 einen Wert von 259,1 Mio. DDD. Damit setzte sich der seit mehr als zehn Jahren zu beobachtende kontinuierliche Verbrauchsanstieg ungebrochen und erneut beschleunigt fort. 2021 wurde mit 20,3 Mio. DDD der höchste Verbrauchsanstieg seit 2005 beobachtet.

Die Zuwachsrate lag bei 8,5 %. Dennoch gehören Immunsuppressiva zu den selten verordneten Arzneimitteln, denn der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch lag 2021 in der GKV nur bei 3,6 DDD.

Die größte Teil-Indikationsgruppe waren 2022 die Mittel die Mittel bei rheumatoider Arthritis und anderen Systemerkrankungen mit 37,3 %. Auf den weiteren Rängen folgten die unspezifischen Immunsuppressiva mit 22,2 %, die Immunsuppressiva bei Psoriasis mit 16,8 %, die Mittel bei Multipler Sklerose mit 9,6 % und die überwiegend bei Organtransplantationen eingesetzten Mittel 9,4 %.

In der Teil-Indikationsgruppe der überwiegend bei RA eingesetzten Arzneimittel stieg der Verbrauch 2022 um 9 Mio. DDD auf nun 105 Mio. DDD an. Die Zuwachsrate war mit 9,4 % etwas geringer als 2021. Die Teil-Indikationsgruppe gliedert sich in vier Therapieansätze, von denen die TNF-alpha-Inhibitoren mit 64 % dominierten. Auf die selektiven Immunsuppressiva und JAK-Inhibitoren entfielen jeweils rund 15 %. Die TNF-alpha-Inhibitoren sind Treiber des Verbrauchswachstums bei den Mitteln gegen RA: Ihr Verbrauch stieg 2022 um 4,7 Mio. DDD. Die wichtigsten Wirkstoffe unter den TNF-alpha-Inhibitoren sind Adalimumab, Infliximab und Etanercept mit Verbrauchsanteilen von 42 %, 27 % bzw. 19 %. Für Infliximab, Etanercept und Adalimumab stehen seit 2015, 2016 bzw. 2018 Biosimilars zur Verfügung. Die günstigeren Preise der Biosimilars erleichtern es, noch mehr Patienten mit TNF-alpha-Inhibitoren zu versorgen. Der Anteil von Biosimilars am Verbrauch erreichte 2022 für Infliximab , Etanercept und Adalimumab 91, 83 bzw. 76 %.

Bei den unspezifischen Immunsuppressiva war der Verbrauch in den Jahren 2012 bis 2017 weitgehend stabil entwickelt sich jedoch seitdem konstant rückläufig.

Das stärkste Wachstum zeigte auch 2022 wieder die Teil-Indikationsgruppe der Mittel bei Psoriasis. Hier stieg der Verbrauch von um 7,6 Mio. DDD, was eine Rate von 19 % bedeutet. Ein beschleunigtes Wachstum für Immunsuppressiva zur Behandlung der Psoriasis ist seit 2011 zu beobachten – damals lag allerdings der Verbrauch noch bei 0,7 Mio. DDD. Das beschleunigte Verbrauchswachstum wurde zunächst von dem 2011 einzig verfügbaren Wirkstoff, dem Ustekinumab, getragen. Seit 2015 kamen sieben weitere Immunsuppressiva zur Behandlung der Psoriasis auf den Markt. Derzeit gliedert sich der Markt in zwei Therapieansätze, von denen die Interleukinrezeptor-Inhibitoren mit über 96 % den höchsten Anteil haben. Zu den Interleukinrezeptor-Inhibitoren gehören die erwähnten Antikörper, und die dominanten Wirkstoffe waren hier 2022 das Ustekinumab mit 53 % Verbrauchsanteil und Secukinumab mit rund 16 %.

Das anhaltende Verbrauchswachstum von krankheitsmodifizierenden Therapien bei RA und Psoriasis ist einerseits vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Prävalenz dieser Erkrankungen steigt. Allerdings lässt sich der Mehrverbrauch dadurch nur teilweise erklären. Für die Therapie bei RA fordern aktuelle Leitlinien ein deutlich aggressiveres Vorgehen bei der Therapieeskalation, um die Behandlungsziele („treat to target“) möglichst rasch zu erreichen (Fiehn et al. 2018, Smolden et al. 2020). Für die Psoriasis könnte das Wachstum ein Hinweis darauf sein, dass die bereits vor Jahren festgestellte Unterversorgung (Mrowietz et al. 2010) noch nicht beseitigt werden konnte. Wie für die RA wird nun auch für die Psoriasis deutlicher betont, dass bestimmte Behandlungsziele erreicht werde sollen (Remenyik et al. 2020, Nast et al. 2021).

Für die MS-Medikamente stieg der Verbrauch 2022 mit 3,3 Mio. DDD wiederum stärker als im Vorjahr; die Zuwachsrate lag bei 14,2 %. Auch in dieser Teil-Indikationsgruppe werden unterschiedliche Therapieansätze unterschieden. Bis auf die S1P-Rezeptor-Modulatoren (Hauptwirkstoff Fingolimod), die CD-20-Antikörper (häufigster Wirkstoff Ocelizumab) und die Fumarsäureester (dominierender Wirkstoff Dimethylfumarat) umfasst jeder Ansatz derzeit jedoch nur einen Wirkstoff. Die drei führenden Wirkstoffe innerhalb der immunsuppressiven MS-Mittel waren 2022 Dimethylfumarat und Teriflunomid mit Anteilen von rund 27 % bzw. 18 %, gefolgt von Fingolimod mit 16 % und Ocrelizumab mit 13 %. Cladribin, Teriflunomid und die S1P-Rezeptor-Modulatoren werden als Tablette verabreicht, während Alemtuzumab, Natalizumab, Alemtuzumab und Ocrelizumab infundiert werden müssen.

Weitere MS-Mittel, nämlich die Beta-Interferone und das Glatirameracetat, werden als Immunstimulanzien (L03) klassifiziert. Bis zur Einführung der Immunsuppressiva gegen MS waren sie seit Einführung der Beta-Interferone im Jahr 1996 über Jahre hinweg die wichtigsten Mittel zur immunmodulatorischen Therapie der MS. Bezieht man den Verbrauch von Beta-Interferonen und Glatirameracetat mit ein, so zeigt sich, dass sich zwischen 2010 und 2022 der Verbrauch fast verdoppelt hat (von 19,5 Mio. auf 39,3 Mio. DDD). Dabei lag der Anteil der Beta-Interferone anfangs noch bei 93 % (18,2 Mio. DDD), und ihr Verbrauch stieg bis 2013 auf 20,5 Mio. DDD an. Seitdem geht der Beta-Interferon-Verbrauch stetig zurück und erreichte 2022 eine Menge von knapp 8 Mio. DDD, was einen Anteil von 20 % entspricht.