Innovationen bei Mitteln zur Behandlung von Viruserkrankungen J05 Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung

Veröffentlicht am: 19.09.22

Neueinführungen in der Indikationsgruppe „J05 Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung“ im Zeitraum von 2017 bis 2021.
JahrWirkstoffTherapieansatzAnwendung
2016Elbasvir und GrazoprevirKombinationen gegen Hepatitis CChronische Hepatitis C
2016Velpatasvir und SofosbuvirKombinationen gegen Hepatitis CChronische Hepatitis C
2016Tenofoviralafenamid in insgesamt drei unterschiedlichen FixkombinationenKombinationen gegen HIV/AidsHIV/Aids
2017TenofoviralafenamidNukleosideHepatitis B
2017Sofosbuvir, Velpatasvir und VoxilaprevirKombinationen gegen Hepatitis CChronische Hepatitis C
2017Glecaprevir und PibrentasvirKombinationen gegen Hepatitis CChronische Hepatitis C
2017Emtricitabin, Tenofoviralafenamid, Darunavir und CobicistatKombinationen gegen HIV/AidsHIV/Aids
2018Bictegravir, Emtricitabin, TenofoviralafenamidKombinationen gegen HIV/AidsHIV/Aids
2018Dolutegravir und RilpivirinKombinationen gegen HIV/AidsHIV/Aids
2018LetermovirTerminase-InhibitorZytomegalievirus (CMV)
2019DoravirinNNRTIHIV/Aids
2019Doravirin, Lamivudin, TenofovirdisoproxilKombinationen gegen HIV/AidsHIV/Aids
2020BulevirtidFusionsinhibitorenChronische Hepatitis D
2020IbalizumabAnti-CD4-AntikörperMultiresistente HIV-Infektion
2021 Remdesivir Nukleoside gegen CoronavirusCovid-19
2021 Cabotegravir Integrase-HemmerHIV, Aids
2021 Baloxavirmarboxil EndonucleasehemmerInfluenza
2021 Fostemsavir Attachment-Inhibitor HIV, Aids
NNRTI = Nichtnukleosidale Inhibitoren der reversen Transkriptase; NRTI = Nukleosidale, nukleotidale Inhibitoren der reversen Transkriptase
Quelle: IGES, eigene Recherche

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Zwischen 2017 und 2021 wurden insgesamt 15 neue Produkte zur systemischen antiviralen Therapie eingeführt. Diese Produkte umfassen Einzelwirkstoffe und Fixkombinationen. Einzelne Wirkstoffe, wie z. B. Tenofoviralafenamid, wurden mehrfach in verschiedenen Kombinationen zugelassen, und einige Kombinationen zur Anwendung bei chronischer Hepatitis C enthalten je zwei neue Wirkstoffe. Tenofoviralafenamid wurde außerdem für zwei verschiedene Anwendungsgebiete zugelassen (HIV/Aids sowie Hepatitis B). Der Großteil der Produkte, nämlich insgesamt acht, wird bei HIV/Aids eingesetzt, zwei neue Produkte erweitern das verfügbare Spektrum zur Therapie der HCV-Infektion. Das Tenofoviralafenamid wird zusätzlich zur Behandlung der Hepatitis B angewendet, und je ein neuer Wirkstoff dient der Vorbeugung von Infektionen durch das Zytomegalievirus (CMV), der Behandlung der chronischen HDV-Infektion, , der Infektion durch Influenzaviren bzw. durch SARS-CoV-2 (Coronavirus).

Die neuen Produkte gegen das HIV umfassen vier Fixkombinationen zugelassen sowie vier Einzelwirkstoffe. Von letzteren repräsentieren der Antikörper Ibalizumab und der Attachment-Inhibitor Fostemsavir neue Wirkprinzipien. Zwei der Kombinationen enthalten Tenofovir, das in Form des Tenofovirdisoproxil bereits seit vielen Jahren zur Verfügung steht. Es wurde nun als Tenofoviralafenamid in unterschiedlichen Fixkombinationen auf den Markt gebracht. Sowohl Tenofoviralafenamid als auch Tenofovirdisoproxil sind Prodrugs, die im Organismus in die aktive Form, das Tenofovir, überführt werden. Bei Tenofoviralafenamid geschieht dies erst in den Zielzellen, sodass weniger Tenofovir entsteht, das im übrigen Organismus wirkt bzw. dort zu unerwünschten Wirkungen führt. Man erhofft sich dadurch eine bessere Verträglichkeit.

Bei Letermovir, das 2018 zur Vorbeugung von CMV-Infektionen eingeführt wurde, handelt es sich um einen Terminase-Inhibitor, eine neue Wirkstoffklasse. Anders als bisherigen Wirkstoffe gegen CMV greift Letermovir ausschließlich virusspezifische Strukturen an und beeinflusst nicht den menschlichen DNA-Stoffwechsel. Letermovir ist ein Orphan Drug und wird bei Stammzelltransplantationen eingesetzt, um eine Reaktivierung bzw. Neuerkrankung der Patienten mit CMV zu verhindern. Remdesivir ist der erste Wirkstoff zur Behandlung von Infektionen durch das Coronavirus. Er wurde ursprünglich zur Behandlung von Infektionen durch Marburg- bzw. Ebolaviren entwickelt, brachte es jedoch nie zur Marktreife. Mit Baloxavirmarboxil wurde ein neues Wirkprinzip bei der Behandlung der Influenza umgesetzt. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde jedoch bereits im Herbst 2021 der Vertrieb des Wirkstoffs in Deutschland wieder eingestellt.