Veröffentlicht am: 27.10.22
Im Jahr 2021 wurden jedem Versicherten der GKV durchschnittlich 2,9 DDD an Antibiotika verordnet. Diese Arzneimittelgruppe wird daher den selten angewendeten Arzneimitteln zugerechnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch erneut gesunken: 2020 lag er noch bei 3,2 DDD.
Die Indikationsgruppe der Antibiotika zur systemischen Anwendung wird nur bei Bedarf, also bei Auftreten von bakteriellen Infektionen, für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt. Abgesehen von jährlichen Schwankungen verlief die Verbrauchsentwicklung bis 2013 weitgehend stabil und lag im Mittel bei jährlich 350 Mio. DDD. 2013 wurde mit rund 376 Mio. DDD der höchste Verbrauch im betrachteten Zeitraum beobachtet. Seitdem geht der jährliche Verbrauch kontinuierlich zurück. Bereits ab 2017 hat sich die rückläufige Entwicklung beschleunigt und war 2020 mit einem Rückgang von 24,1 % besonders ausgeprägt. Der Verbrauch ging 2021 um 10 % zurück und erreichte 211,1 Mio. DDD, mehr als 40 % weniger als 1996.
Ambulant werden Antibiotika am häufigsten bei Infektionen der Atemwege sowie der Harnwege eingesetzt. Bei der Häufigkeit von Atemwegsinfektionen ist die Stärke der jährlichen Influenzaaktivität von Bedeutung. Häufig korrelierte daher in der Vergangenheit der Antibiotikaverbrauch mit der Influenzaaktivität. Bedingt durch die zunehmende Resistenzentwicklung hat sich der Blick auf die Antibiotikaanwendung gewandelt: Es gilt, Antibiotika rational und in jedem Falle leitliniengerecht einzusetzen. D. h., es kann in vielen Fällen auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden (siehe z. B. KV Baden-Württemberg 2015). Für die zunehmend erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie spricht der kontinuierliche Verbrauchsrückgang seit 2014. 2020 und 2021 wird der Effekt durch die Corona-Pandemie verstärkt: Die Vorsichtsmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen führten dazu, dass Infektionen der oberen Atemwege im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zurückgingen (siehe z. B. RKI 2021), sodass einerseits seltener die Notwendigkeit bestand, Antibiotika zu verabreichen.
Der Therapieansatz der Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum hatte 2021 mit 21 % den höchsten Anteil am Verbrauch, gefolgt von den Cephalosporinen der 2. Generation und Tetrazyklinen mit jeweils knapp 15 % sowie den Kombinationen aus Penicillinen und Betalaktamase-Hemmern mit 10 %. Die höchsten Verbrauchsrückgänge waren 2021 für die Betalaktamase-empfindlichen Penicilline mit 27 % im Vergleich zum Vorjahr und die Cephalosporine der 2. Generation sowie Makrolide mit jeweils 19 % zu beobachten. Der Verbrauch von Penicillin-Betalaktamase-Hemmer-Kombinationen stieg dagegen um 4 % an. Diese Veränderungen können dadurch bedingt sein, dass sich das Erregerspektrum im Vergleich zum Vorjahr verändert hat. Von größerer Bedeutung düfte jedoch die Verfügbarkeit der jeweiligen Antibiotika gewesen sein, da diese regelmäßig von Lieferschwierigkeiten betroffen sind (Shafiq et al. 2021).