Veröffentlicht am: 20.12.18
Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über die Umsätze von Arzneimitteln, für die es 2017 individuelle Rabatte gab. Betrachtet wird der Markt für Arzneimittel, die im Rahmen eines Rabattvertrags nach § 130a Abs. 8 bzw. § 130c SGB V abgegeben wurden. Die Gesamtsumme des Rabattmarktes belief sich im Jahr 2017 auf 16.005,4 Mio. Euro. Von diesem Umsatz entfielen 69,7 % auf den generikafähigen Markt. Damit befanden sich im Jahr 2017 61,3 % des generikafähigen Marktes (inkl. Biosimilars) unter einem Rabattvertrag. Gegenüber dem Vorjahr (60,0 %) hatte sich die Quote damit leicht erhöht. Der Markt der Biosimilars leistete dabei ebenfalls einen Beitrag zum Anstieg der Quote. Im Jahr 2016 lag der Anteil gemessen am Umsatz der Biosimilars noch bei 49,9 % und erhöhte sich in 2017 auf einen Wert von 73,3 % und erreichte somit den höchsten Wert jemals (die Quote hatte ihren bisher höchsten Wert im Jahr 2012 mit 64,0 %). Diese Zunahme ist vor allem auf die Markteinführung der Biosimilars Enoxaparin und Insulin lispro zurückzuführen, welche beide im Jahr 2017 auf den Markt kamen. Das Biosimilar von Enoxaparin erreichte eine Rabattquote von 40,9 %. Bei Insulin lispro waren es sogar 68,6 %, wobei hier das Referenzprodukt mit 94,1 % noch deutlich höher lag. Ein weiterer Faktor war das Biosimilar von Etanercept, welches bereits 2016 auf den Markt kam, aber den Anteil des Umsatzes unter Rabatt absolut und relativ, im Vergleich zum Vorjahr, nochmals erhöhen konnte. 2016 lag das Biosimilar noch bei 76,2 %, in 2017 waren es 92,8 %. Das Altoriginal hatte ebenfalls einen Anstieg von 62,2 % auf 77,2 % zu verzeichnen.
Bei Arzneimitteln, die unter Patentschutz standen, stieg der Anteil des Umsatzes unter Rabattvertrag merklich an. Waren es 2016 noch 22,7 % gewesen, stieg der Wert in 2017 auf 27,0 % an. Das Segment hatte damit ein Volumen von 3.831,2 Mio. Euro. Der mit Abstand größte absolute Anstieg bei patentgeschützten Arzneimitteln zeigte sich 2017, wie schon im Vorjahr, für die Wirkstoff Adalimumab zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. 2015 hatte es noch keine Rabattverträge für den Wirkstoff gegeben, 2016 lag der Wert bei 359,7 Mio. Euro und erhöhte sich 2017 auf 699,8 Mio. Euro. Dies entspricht einer Quote von 67,5 % bezogen auf den Umsatz. Das erste Biosimilar für Adalimumab erscheint am 01.11.2018, wobei aktuell schon vier Biosimilars von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen worden sind und fünf sich im Zulassungsverfahren in Deutschland befinden (Stand Juli 2018). Den zweitgrößten Anstieg gab es bei Secukinumab. Das Rabattvolumen stieg um 85,8 Mio. Euro auf 181,1 Mio. Euro an. Damit erhöhte sich der Anteil des Umsatzes unter Rabatt von 61,0 % auf 73,8 %.
Rabattverträge für patentgeschützte Wirkstoffe blieben somit auch 2017 attraktiv. Durch die „Exklusivität“ der Wirkstoffe ergeben sich zwar nur geringe Möglichkeiten, den Absatz auszuweiten. Aber neben der Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit spielen weitere strategische Elemente eine Rolle. In Märkten mit einem hohen Anteil von Parallelimporten, bei Wirkstoffen, die kurz vor Patentablauf stehen, oder Verträgen, bei denen Ärzte eingebunden sind, können Rabattverträge helfen, Umsätze zu halten oder auszuweiten. In letzterem Fall könnten Ärzte auch einen Anreiz erhalten, anstelle eines bisher bevorzugt verordneten nicht rabattierten Wirkstoffs einen rabattierten Wirkstoff mit vergleichbarer therapeutischer Wirkung zu verordnen. Inwieweit sogenannte mehrdimensionale Verträge (z. B. Mehrwertverträge oder Risk/Cost-Sharing-Verträge) in der GKV von Bedeutung sind, lässt sich nicht abschätzen, da die Apothekensoftware keine Auskunft darüber gibt, welcher Typ von Rabattvertrag vorliegt. Bei einem mehrdimensionalen Vertrag können z. B. zusätzliche Leistungen durch den Hersteller enthalten sein oder der Hersteller übernimmt das Risiko bei ausbleibendem Therapieerfolg.
Die Bestimmung des durchschnittlichen Rabatts für das Berichtsjahr erfolgte auf Basis der amtlichen Statistik KV45 (vorläufige Rechnungsergebnisse der GKV). Laut der Statistik KV45 (Stand 16.03.2017) des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) verbuchten die Kassen im Jahr 2017 insgesamt 4.018,4 Mio. Euro Rabatte durch individuelle Verträge – ein Anstieg von 3,3 % gegenüber dem Vorjahr. Bezogen auf die Umsätze individualrabattierter Arzneimittel in Höhe von 16.005,4 Mio. Euro im Jahr 2017 ergab dies einen Rabatt von 25,1 % auf den AVP. Die Rabatte stiegen demnach weniger stark an, als der Umsatz unter Rabatt.
Da der individuelle Rabatt allein durch den Hersteller geleistet wurde, war aus seiner Sicht der prozentuale Abschlag je Verordnung noch höher. Gemessen am Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) betrug der Umsatz unter Rabatt im Jahr 2017 insgesamt 9.323,2 Mio. Euro. Daraus resultierte ein durchschnittlich geleisteter Rabatt durch die Hersteller von 43,1 %.
Für die weitere Berechnung wurde berücksichtigt, dass sich zwischen den einzelnen Kassenarten deutliche Unterschiede bezüglich der gewährten Rabatte ergeben, sodass ein kassenartspezifischer durchschnittlicher Rabatt ermittelt und für die weiteren Berechnungen verwendet wurde (siehe Individualrabatte nach Kassenart).
Neben den beschriebenen direkten Einsparungen durch Rabattverträge gibt es auch indirekte Spareffekte, die sich aber nur schwer erfassen lassen. Beispielsweise entstehen Substitutionseffekte, wenn Ärzte wegen des geringeren Regressrisikos oder eines finanziellen Anreizes durch die Kasse den Patienten von einem teureren Wirkstoff auf einen rabattierten Wirkstoff umstellen. Diese finanziellen Anreize können die Kassen nach § 130a Abs. 8 Satz 5 SGB V gewähren. Diese strukturellen Effekte schlagen sich dann auch in der Generika- und Herstellerkomponente der Komponentenzerlegung nieder.
Es gibt aber auch Mehrkosten, die sich nicht wie die erlassenen Zuzahlungen zumindest teilweise fassen lassen. So fallen administrative Kosten für die Ausschreibung und das Management der Verträge an. Die Höhe dieser Kosten ist allerdings nicht bekannt.
Schließlich können Rabattverträge auch als Werbeinstrument dienen, um Versicherte zu binden oder neue Interessenten zu gewinnen, beispielsweise wenn Verträge mit Originalherstellern oder mit Herstellern sogenannter Markengenerika geschlossen werden, die bei den Versicherten evtl. ein besseres Ansehen genießen. Auf diese Weise könnten Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhöht und gesichert werden.